Joyful Joinery: Bringing Feminist Tools to the Table
In der Woche des KUNO Express Study Courses Joyful Joinery: Bringing Feminist Tools to the Table im Mai 2025 in der Nida Art Colony wurde kollektiv mit dem vorhandenen Holz gebaut, gemeinsam gekocht und sowohl am Tisch als auch in den Dünen diskutiert – mit dem Ziel, Geschlechterrollen und Machtverhältnisse in Gestaltungsprozessen kritisch zu hinterfragen.

Der KUNO Express Study Course: Joyful Joinery: Bringing Feminist Tools to the Table war der Auftakt einer dreimonatigen Residenz des feministischen Handwerker*innenkollektivs gemeinsam bauen wir neu an der Nida Art Colony in Litauen. KUNO ist ein Netzwerk aus achtzehn verschiedenen Nordischen und Baltischen Kunstuniversitäten. Am Study Course, der vom 26. bis zum 30. Mai 2025 stattfand, haben insgesamt neun Studierende von sieben verschiedenen Universitäten aus fünf verschiedenen Ländern teilgenommen.
Mit unseren persönlichen Erfahrungen als FLINTA sind wir nicht allein. Diese Erkenntnis wird immer wieder spürbar, wenn wir einander unsere Geschichten erzählen und beginnen zu verstehen, dass viele der erlebten Blockaden und Hindernisse nicht individuell, sondern strukturell bedingt sind – sowohl im privaten als auch im institutionellen Kontext. Wir kommen an den Punkt, an dem wir erkennen: Es läuft etwas grundlegend falsch – doch wir selbst sind nicht das Problem. Was wir erleben, ist kein Einzelfall. Vielmehr sind es institutionelle Machtverhältnisse, auch an Universitäten, die zu diesen Erfahrungen beitragen und sie oft noch verstärken.
Mit diesem Gespräch starteten wir in die Woche mit dem Versuch, eine andere Form der Zusammenarbeit und Gestaltung zu ermöglichen. Wir arbeiten mit gehobelten Holzbrettern und Restmaterial, das von anderen Projekten übrig geblieben ist, und verwenden bestehende Elemente neu. Der Fokus liegt auf einem lustvollen Verbinden von Holz in einem gemeinsamen Prozess, entgegen der an Kunstuniversitäten vorherrschenden Praktik des individuellen Arbeitens. Dabei entsteht ein Verständnis füreinander und für das Material Holz und die Möglichkeiten von händisch gearbeiteten Holzverbindungen und es entstehen zwei Tischplatten und zwei Bänke für die kleinere Küche des Gebäudes der Nida Art Colony.
Dieser intuitive Zugang erinnert an die Arbeitsweise der US-amerikanischen Künstlerin Beverly Buchanan, deren Praxis ebenfalls mit vorhandenen Materialien, Erinnerungen und Fragmenten arbeitet. Ein filmisches Porträt ihres Schaffens – Teil der gta-Ausstellung im Frühling 2024 – wurde im Rahmen des Study Course als Abendprogramm gezeigt.
Feministische Theorie lässt sich aus gelebten, körperlichen Erfahrungen ableiten. Beide Tutorinnen dieses Study Courses – Flora Bühlmann und Katharina Riedl –haben Architektur studiert und sich im Laufe der Zeit zunehmend dem Handwerk zugewandt. Auslöser dafür waren persönliche Erfahrungen in ihrer Ausbildung, im Berufsalltag in Architekturbüros und auf
Baustellen – geprägt von struktureller Ungleichheit, Ausschlussmechanismen und Hierarchien. Durch die kritischeAuseinandersetzung mit universitären Strukturen und professionellen Praktiken begannen sie, nach alternativen Formen des Gestaltens und Zusammenarbeitens zu suchen und weiterzugeben, indem sie zusammen mit den Studierenden die eigene Profession und Institutionen kritisch hinterfragen.
Im Zentrum der Auseinandersetzung standen nicht nur der praktische Umgang mit Werkzeugen wie Säge und Stechbeitel, sondern ebenso feministische Werkzeuge und Methoden. Dabei treten Formen kollektiver Praxis, solidarischer Zusammenarbeit und gemeinschaftlicher Räume als widerständige Strategien hervor, die FLINTA bis heute Zugänge zu (Holz)handwerklichen Tätigkeiten eröffnen – trotz der historisch gewollten Exklusion durch kapitalistische und patriarchale Strukturen.
Das Kollektiv gemeinsam bauen wir neu wurde von Mai bis August 2025 eingeladen, mit dem lokalen Holz aus den Wäldern der Kurischen Nehrung, das im vom Kollektiv Neringa Forest Architecture (NFA) geschaffenen Natural Timber Seasoning Shed “archiviert” wird, kollektiv zu bauen. Seit 2019 kümmert sich das Kollektiv Neringa Forest Architecture, das aus einer Residenz an der Nida Art Colony hervorgegangen ist, um das lokale Holz und möchte alternative Anwendungen aufzeigen – jenseits der hauptsächlichen Verwertung als Biomasse.
Aus diesem Holz wurde der Natural Timber Seasoning Shed errichtet, der sowohl als Materiallager als auch als Ort der Dokumentation dient. Dieses Holzarchiv, wurde zu einem zentralen Impulsgeber, der in den vergangenen fünf Jahren die Programmgestaltung und institutionellen Entscheidungen der Nida Art Colony der Vilniusser Kunstakademie (VAA NAC) wesentlich mitgeprägt und gleichzeitig eine stärkere Verankerung in der lokalen Umgebung ermöglicht hat.
Mit dem geschlagenen, eingelagerten und zugeschnittenen Holz aus dem Natural Timber Seasoning Shed können die sich in Residenz befindenden Holzhandwerker*innen des Kollektivs gemeinsam bauen und wir neu arbeiten. Sie sind Teil des Sommerprogramms Neringa Wood Works an der VAA NAC und werden dort praxisorientierte Workshops anbieten. Es werden einfache Stühle gebaut, geschnitzt, Holzbretter angefertigt, Bilderrahmen gebaut und Holzdrucktechniken ausprobiert. Die im Bereich des Holzhandwerks, Architektur, Veranstaltungstechnik und Szenographie ausgebildeten Personen vereint nicht nur ihre Begeisterung fürs Handwerk, sondern auch eine intersektional feministische Perspektive, die sie bewusst in ihre gestalterische Praxis einbringen.


